In der Kunst nach 1945 war das Stillleben tabu: zu dekorativ, nicht politisch relevant, unzeitgemäß. Lange Zeit traute sich niemand über dieses Sujet, bis die Postmoderne die Blumen wieder auf die Leinwände holte, als Zitat, verfremdet und neu kontextualisiert. In dieser Tradition sieht sich auch Konrad Wallinger, der Ausschnitte aus historischen Blumenstilleben ins Monumentale vergrößert und dabei im Farbenrausch schwelgt. Ihn reizen die koloristischen Möglichkeiten genauso wie die malerische Herausforderung im Grenzbereich zwischen Figuration und Abstraktion. Den Zeiten der kollektiven Deprimiertheit durch die Corona-Krise setzt er als kritischer Beobachter der Gesellschaft farbenfrohe Blütenmeere entgegen. Solange alles gut lief, reizten ihn schwarze Dystopien als stimmungsmäßiger Kontrapunkt, wie an einer älteren Arbeit zu sehen ist, die eine italienische Landschaft als apokalyptisches Arkadien zeigt.
Es sind aber nicht nur die malerischen Aspekte die Konrad Wallinger an den Blumenbildern reizen, sondern durchaus auch die hintergründige Bedeutung. In Zeiten der Krise erscheinen viele Ziele plötzlich „eitel“ und sinnlos, die Frage nach den wahren Werten drängt sich auf. Auf der anderen Seite bewirken Ausgangssperren und Lockdowns eine neue Betonung der Häuslichkeit und die Sehnsucht nach einer gefälligen Ausgestaltung der eigenen vier Wände. Die liebliche Idylle mag sich bei Wallingers Stillleben aber nicht so recht einzustellen. Er sprengt das Wohnzimmer mit seinen riesigen Formaten. Zu gewaltig nicken uns die Rosenkelche entgegen und lassen eher Erinnerungen an die fleischfressende Pflanze in A little shop of Horrors auftauchen.
Kunsthistorikerin Angelika Doppelbauer, Ausstellungseröffnung Forum Wels, 2021
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